Doppelpass für die Kulturhauptstadt - DIE WELT - WELT ONLINE
Von Fritz Pleitgen 13. Dezember 2008, 03:02 Uhr
Geschäftsführer Fritz Pleitgen beschreibt die Rolle Bochums in dem Jahrhundertprojekt
"Liebe Fans, herzlich willkommen in der Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010 zum Spiel des VfL Bochum gegen den Deutschen Meister TSG Hoffenheim!" Eine solche Begrüßung, das wäre eine starke Ansage in den Fußballstadien des Ruhrgebietes. Die Vision geht weiter: Der VfL Bochum, 2010 längst befreit von Abstiegssorgen, macht mit dem Doppelpass jeden Gegner nass - wie einst von Herbert Grönemeyer besungen.
Einen feinen Doppelpass pflegen auch Bochum und Essen. Das Vorspiel: In der Ausscheidung für Nordrhein-Westfalen hatte das Ruhrgebiet im Jahr 2004 bereits ehrwürdige Kandidaten wie Köln und Münster aus dem Feld geschlagen. Doch wer würde das Banner tragen? Ähnlich wie bei Olympia muss auch bei einer Kulturhauptstadt Europas immer eine Stadt und keine Region antreten. Mit 20 zu 23 Stimmen war es eine knappe Entscheidung; doch die Bochumer haben sich bloß kurz geschüttelt und gingen gleich wieder in die Offensive. Aus Bochum gingen mehr als 200 der über 2000 Projektvorschläge für das Programm ein.
Um die Besucher angemessen zu empfangen, wird als Eintrittsportal und Drehscheibe eines von insgesamt fünf Besucherzentren der Region in Bochum entstehen. Ein "starker Ort" also! Und so heißt auch eine Kulturbaustelle, bei der sich der Bochumer Künstlerbund führend engagiert in der Findung künstlerischer Antworten auf eher unsinnliche Flecken wie Katakomben, Kellergewölbe oder auch den Wollboden einer Textilfabrik.
Kreative gibt's nicht nur in Kreuzberg. Erstmals überhaupt hat eine Kulturhauptstadt die boomende Branche der Kreativwirtschaft zu einem ihrer künstlerischen Themenfelder erklärt. Arbeitsplätze zu schaffen und damit Zukunft zu sichern, ist am gelegentlich kriselnden Standort Bochum der erklärte Auftrag. Maßgeblicher Direktor dafür ist Dieter Gorny.
Wo der Viva-Erfinder wirkt, kann die Loveparade nicht weit sein. 2009 soll Bochum Gastgeber für die größte Open-Air-Musikparty der Welt sein. Die mediale Aufmerksamkeit, die dieser Event vor allem bei jüngeren Zielgruppen erwirkt, unterstützt das Ziel von RUHR.2010, neue Bilder der Metropole Ruhr in die Welt zu tragen.
Eine weitere starke Persönlichkeit, die für den Wandel durch Kultur an der Ruhr steht, ist Steven Sloane. Der Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker zeichnet bei der Kulturhauptstadt für die schönen Künste verantwortlich. Seine im Juli beim Lincoln Center Festival in New York gefeierte RuhrTriennale-Produktion "Die Soldaten" oder auch sein Gastspiel an der San Francisco Opera im September weisen ihn als überzeugenden Botschafter der Metropole Ruhr aus.
Einen wesentlichen Beitrag leistet das Schauspielhaus Bochum als eines von sechs vernetzten Sprechtheatern. Hier spiegelt die "Odyssee Europa" mit der Neuinterpretation Homers das Selbstverständnis der Metropole Ruhr in der dramatischen Utopie europäischer Zukunft. Ruhr.2010 wird die Region einen. Gegeneinander wird nur noch auf dem Fußballfeld angetreten.
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